Das Güterichterverfahren auf dem Prüfstand

Knapp 50 aktive Güterichterinnen und Güterichter der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterzogen auf dem 20. Verwaltungsgerichtstag in Würzburg am 16. Mai 2024 das Güteverfahren einer kritischen Würdigung, das vor knapp 22 Jahren in Umsetzung der Richtlinie 2008/52/EG durch Art. 2 des „Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung“ auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit etabliert worden war (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 278 Abs. 5 ZPO).

Nach einem einführenden Referat von GEMME-Mitglied Prof. Dr. Roland Fritz zum Thema Güteverfahren nach Corona – vom Rückblick zum Ausblick und ergänzenden Statements eines weiteren Referenten und einer weiteren Referentin stand zunächst die geringe Zahl von Güterichterverfahren im Mittelpunkt der Debatte, von Reinhard Greger vor einiger Zeit bereits als „Güterichter-Lotto“ bezeichnet.

Als verantwortlich hierfür identifizierten die Teilnehmenden unterschiedliche Faktoren, angefangen vom nicht stark ausgeprägtem Interesse der Richterschaft insgesamt, der mangelnden Unterstützung durch gerichtliche Führungsebenen und jeweilige Landesministerien, die starke Zunahme der Asylverfahren und schließlich veränderte Arbeitsbedingungen im Kontext der Corona-Pandemie. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die Bedeutung hingewiesen, die dem § 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO für das Güterichterverfahren zukommt und zugleich bedauert, dass es sich nur um eine Soll-Vorschrift handelt. Beklagt wurde zudem, dass häufig die Beteiligten von Alt- bis Uraltverfahren in das Güteverfahren verwiesen würden, was zum einen einen immensen Vorbereitungsaufwand erfordere und zum anderen die Erfolgsaussichten, im Güteverfahren eine konsensuale Lösung zu finden, stark reduziere. Vielmehr sei es wünschenswert, solche Verfahren einem Güteverfahren zuzuführen, die sich in einem frühen Stadium des gerichtlichen Verfahrens befänden und in denen die rechtliche Fragen noch nicht bis in alle Details und Verästelungen ausgeschrieben worden seien. Die oft fehlende Wertschätzung, die dem Verfahren entgegengebracht würde, zeige sich auch darin, dass nur an wenigen Gerichten ein Belastungsausgleich für Güterichterinnen und Güterichter vorgesehen sei.

Im weiteren Verlauf der Diskussion ging es um die unterschiedliche Verfahren, darunter das der Schlichtung, die dem Güterichter grundsätzlich zur Verfügung stehen und die Frage, ob es zulässig und sinnvoll ist, zwischen verschiedenen Methoden zu wechseln, ohne dies mit den Konfliktbeteiligten deutlich verabredet zu haben – sog. Prinzip der „Methodenklarheit bei Methodenvielfalt“ (vgl. hierzu Fritz/Pielsticker, Handbuch Mediationsrecht, 3. Aufl., ) . Zudem erörterten die versammelten Güterichterinnen und Güterichter den Einsatz verschiedener Formate wie das des Einzelgesprächs und das der Co-Mediation, im letztgenannten Zusammenhang zudem den Einsatz der Technik des Meta-Dialogs (vgl. hierzu Hansmann, ZKM 2004, 60 ff).

Nur kurz angerissen wurde die Bedeutung der Supervision für aktive Güterichterinnen und Güterichter bevor abschließend besprochen wurde, wie nach Einführung der E-Akte auch sichergestellt werden kann, dass die im Güterichterverfahren angelegten Akten auch zukünftig vor dem Zugriff Dritter gesichert werden können, um den Anforderungen der Vertraulichkeit des Verfahrens zu genügen.

Abschließendes Fazit: Für eine umfassende Aufarbeitung der im Arbeitskreis 10 herausgearbeiteten Problemkreise bedarf es dringend weiterer Veranstaltungen auch unter Einbeziehung der Güterichterinnen und Güterichter der anderen Gerichtsbarkeiten, um so zu gemeinsamen und der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens gerecht werdenden Lösungen zu gelangen. GEMME Deutschland wird sich hierfür aktiv einsetzen!

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